Besuchsbericht: Robert Capa Foto-Retrospektive

Das Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster zeigt noch bis zum 29.09.2024 rund 100 Fotografien von ROBERT CAPA. - Ich bin von der (viel zu kurzen) Lebensgeschichte dieses außergewöhnlichen Fotografen tief beeindruckt und so habe ich diese Ausstellung mit großen Erwartungen besucht - und wurde nicht enttäuscht.

 

Der am 22. Oktober 1913 in Budapest, damals Österreich-Ungarn, als Endre Ernő Friedmann geborene Fotograf, wurde vor allem als Kriegsreporter bekannt. Seine ikonischen Aufnahmen von Kriegsschauplätzen, wie dem Spanischen Bürgerkrieg und der Landung der Alliierten in der Normandie am D-Day und den letzten Monaten des zweiten Weltkriegs, haben ihn zu einem der bedeutendsten Fotojournalisten des 20. Jahrhunderts gemacht.

 

Capa wurde als zweiter von drei Söhnen einer jüdischen Schneiderfamilie geboren. Nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt 1931, aufgrund seines frühen politischen Engagements, emigrierte er mit gerade mal 18 Jahren zuerst nach Wien und dann nach Deutschland. In Berlin begann er ein Journalismus-Studium und arbeitete als Fotolaborant.

 

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 zog Capa nach Paris, wo er sich mit anderen Fotografen wie Henri Cartier-Bresson und David "Chim" Seymour anfreundete. In Paris lernte er auch die deutsche Fotojournalistin Gerda Taro (eigentlich Gerta Pohorylle) kennen. Gemeinsam erfanden sie die Figur "Robert Capa" - einen "berühmten" amerikanischen Fotografen - um seine Bilder besser verkaufen zu können, was tatsächlich funktionierte.

Capa erlangte erstmals Berühmtheit als Kriegsfotograf im Spanischen Bürgerkrieg. Seine eindringlichen Bilder von der Frontlinie, wie das berühmte Foto eines fallenden Soldaten ("Loyalist Militiaman at the Moment of Death"), machten ihn weltweit bekannt.  - Das während des Spanischen Bürgerkriegs aufgenommene Foto ist jedoch bis heute umstritten: Es zeigt einen republikanischen Soldaten im Moment seines Todes, als er von einer Kugel getroffen wird und ihm sein Gewehr aus der Hand gleitet. 

 

Tod eines loyalistischen Milizionärs, Córdoba-Front, Anfang September 1936 © Robert Capa © International Center of Photography, Magnum Photos
Tod eines loyalistischen Milizionärs, Córdoba-Front, Anfang September 1936 © Robert Capa © International Center of Photography, Magnum Photos

Das Foto wurde angeblich am 5. September 1936 in Cerro Muriano aufgenommen, aber spätere Untersuchungen legen nahe, dass es in der Nähe des Dorfes Espejo, etwa 50 Kilometer entfernt, entstanden sein könnte. Der Soldat auf dem Foto wurde lange Zeit als der Milizionär Federico Borrell García identifiziert, der jedoch nachweislich in einem anderen Kampfgebiet ums Leben kam.

 

So gibt es seit den 1970er Jahren erhebliche Zweifel an der Echtheit des Fotos. Einige Historiker glauben, dass das Bild gestellt sein könnte, was zu jener Zeit eine gängige Praxis war, da Fotografen oft keinen Zugang zu aktiven Kampfzonen hatten.

 

Hinzu kommt, dass es ein weiteres Foto von Capa an exakt derselben Stelle gibt (auch in der Ausstellung gezeigt), das einen anderen Milizionär in ähnlicher Pose zeigt. - Trotz der Kontroversen bleibt das Foto ein ikonisches Bild des Kriegsfotojournalismus und wird oft als eines der besten Kriegsfotos aller Zeiten angesehen. In Zeiten der Diskussion über durch KI erzeugte Fake-Fotos ist es zudem ein Lehrstück des Fotojournalismus.

 

Am 25. Juli 1937 wurde Capas Lebensgefährtin Gerda Taro während eines Angriffs der deutschen Legion Condor bei Villanueva de la Cañada von einem Panzer überrollt und starb kurz darauf an ihren schweren Verletzungen. Sie war damit eine der ersten weiblichen Kriegsfotografinnen, die bei ihrer Arbeit ums Leben kam.

 

Capa reiste 1938 nach China und berichtete über den chinesischen Widerstand während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges und die schweren Menschenrechtsverletzungen während der japanischen Besatzung. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 übersiedelte Capa in die USA. 

 

Während des Zweiten Weltkriegs dokumentierte Robert Capa einige der heftigsten Kämpfe in Afrika, Sizilien und Italien für das Life-Magazin, wobei er nur selten Tote oder Verletzte fotografierte. Vielmehr gelang es ihm, den Schrecken des Kriegs in den Gesichtern der Soldaten und Zivilisten zu zeigen.

Landung der amerikanischen Truppen am Omaha Beach, Normandie, Frankreich, 6. Juni 1944 © Robert Capa © International Center of Photography, Magnum Photos
Landung der amerikanischen Truppen am Omaha Beach, Normandie, Frankreich, 6. Juni 1944 © Robert Capa © International Center of Photography, Magnum Photos

Zur Legende wurde Capa spätestens durch seine Teilnahme an der Landung der Alliierten in der Normandie am D-Day. Zwar gibt es keinen Zweifel an der Echtheit seiner elf am 6. Juni 1944 dort entstandenen Fotos, es existieren aber Widersprüche bezüglich der tatsächlichen Anzahl der insgesamt an diesem Tag von Capa gemachten Fotos.

 

Angeblich belichtete er 106 Fotos auf mehreren Filmrollen, die er zur Entwicklung ins Londoner Büro von Life Magazine schickte. Während des Entwicklungsprozesses sollen die übrigen Negative durch einen Fehler einer Trocknungsvorrichtung so stark beschädigt worden sein, dass diese gänzlich unbrauchbar wurden. 

An dieser Darstellung gibt es jedoch erhebliche Zweifel. 

 

Wahrscheinlicher ist, dass Capa im Chaos der Landeoperation am Omaha Beach nur diese 11 Aufnahmen machte und danach einfach die belichteten zusammen mit den unbelichteten Filmrollen ins Labor schickte. -  Aber dies schmälert weder die Leistung des Kriegsfotografen noch die Wirkung seiner an diesem Tag mutmaßlich unter Lebensgefahr gemachten ikonischen Bilder.

 

Nach der Landung in der Normandie fotografierte Capa am 25. August 1944 die Befreiung der französischen Hauptstadt, sprang im März 1945 in der Nähe von Wesel zusammen mit US-Fallschirmjägern hinter die feindlichen Linien der Deutschen ab und machte kurz darauf während der Befreiung von Leipzig sein Foto "Der letzte Tote des Krieges" ("Last Man to die"), das ebenfalls zu den eindrucksvollsten Bildern des Zweiten Weltkrieges gezählt wird. Heute ist das Haus in Leipzig nach Capa benannt und erinnert an den damals gerade mal 21-Jährigen amerikanischen Soldaten, der auf einem Balkon von einem Scharfschützen erschossen wurde.

 

Er sprach zwar selbst nie darüber, aber die Schauspielerin Ingrid Bergmann und Robert Capa waren zwischen 1945 und Sommer 1946 ein Paar und lebten ein paar Monate zusammen in Hollywood.  Capa wurde erst 1946 tatsächlich US-amerikanischer Staatsbürger.

 

Kurz darauf gründete Capa zusammen mit Henri Cartier-Bresson, George Rodger und David Seymour 1947 die Fotoagentur Magnum Photos, die erste genossenschaftliche Kooperative internationaler freiberuflicher Fotografen. Diese Agentur, deren Name angeblich auf die Champagner-Flasche zurückgeht, die die vier bei der Gründung konsumiert haben sollen, sollte die Arbeit von Fotografen weltweit fördern und erstmals dafür sorgen, dass die Fotografen ihre Urheberrechte an den Fotografien wirksam schützen konnten. 1952 wurde Robert Capa schließlich Präsident von Magnum. Die Agentur wurde auch mehrere Jahre von Robert Capas jüngerem Bruder Cornell Capa geführt und ist bis heute eine der elitärsten und renommiertesten Agenturen seiner Art. Eine Aufnahme als Mitglied gilt als Ritterschlag in der Fotografie.

 

Im gleichen Jahr reiste er mit John Steinbeck im Auftrag der New York Herald Tribune durch die Sowjetunion, um das Leben des einfachen Volkes nach dem Zweiten Weltkrieg zu dokumentieren.

 

1948 bis 1950 setze er seine Arbeit als Fotograf während der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel fort und wurde Augenzeuge des Beginns des ersten Nahost-Krieges. Bei der Niederschlagung des Altalena-Putschversuchs wurde er durch eine Kugel leicht verletzt, als er versuchte, die Vorgänge zu dokumentieren.

 

1954 meldete Capa sich freiwillig, um in Vertretung eines Kollegen den Ersten Indochinakrieg für das Life-Magazin zu dokumentieren. Am 25. Mai 1954 trat er in der Nähe von Thái Bình, Französisch-Indochina, auf eine Landmine und kam dabei ums Leben, als er eine französische Einheit begleitete.

 

Zwei der ihm zugeschriebenen Zitate erscheinen mir typisch für Robert Capa, der zu seiner Zeit eine Art Rockstar der Fotografie war: "If your pictures aren't good enough, you aren't close enough." und "I hope to stay unemployed as a war photographer till the end of my life." 

 

Quellen:

https://www.kunstmuseum-picasso-muenster.de
https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Capa

https://de.wikipedia.org/wiki/Gerda_Taro

https://en.wikipedia.org/wiki/The_Falling_Soldier

https://rarehistoricalphotos.com/falling-soldier-1936

https://petapixel.com/2022/04/25/the-falling-soldier-was-capas-iconic-war-photo-actually-by-gerda-taro

https://www.metmuseum.org/art/collection/search/283315

https://www.magnumphotos.com/newsroom/conflict/robert-capa-d-day-omaha-beach

https://www.magnumphotos.com/photographer/robert-capa

https://www.iwm.org.uk/history/robert-capa-and-omaha-beach

https://www.nationalgeographic.com/premium/article/robert-capa-d-day-photograph

https://photogpedia.com/robert-capa-quotes

https://www.fotomagazin.de/bild/magnum-photos-genossenschaft-der-bildermacher

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

thomasstephanFOTOGRAFIE / wenigerknipsen / mehrfotografieren / light-magazine / fusion-magazine

Copyright 2012-2024 THOMAS STEPHAN

Newsletter
Anklicken zum Abonnieren

Meine eBooks

Autorenseite bei amazon
eBooks bei GooglePlay
Autorenseite bei epubli

Letzter Blog-Post

Letzter Blogpost auf wenigerknipsen.de

Neuestes Foto auf instagram.com

wenigerknipsen.de auf Instagram
Fotos von Thomas Stephan auf Instagram
Tutorials von Thomas Stephan auf YouTube.de
Fotos von Thomas Stephan auf unsplash.com
Nehmen Sie mit Thomas Stephan Kontakt auf