Gregor Wildförster aus Gelsenkirchen, den ich seit vielen Jahre kenne und schätze, ist neben seiner beruflichen Tätigkeit auch freiberuflich als Menschenfotograf tätig. Mit Leidenschaft und großem Antrieb widmet er sich seinem Anspruch, Menschen so abzubilden, wie sie sich selbst gerne sehen möchten, um so menschliche Schönheit zu inszenieren.
Als „Fiddler of Light“ betreibt er eine eigene Homepage sowie Präsenzen bei Facebook und Instagram. Darüber hinaus ist er ein langjähriges Mitglied bei der fotocommunity und auf seine 4-stellige Mitgliedsnummer stolz (inzwischen sind sie 7-stellig), wie er mir im Gespräch verraten hat.
Greg, Du bezeichnest Dich als "Menschenfotograf". Wie bist Du dazu gekommen?
Vor allem bei dem Künstler und Fotografen Michael Gnade in Bergisch-Gladbach Bensberg habe ich gelernt, alles zu fotografieren, was mir vor die Linse kommt; nicht nur die technische Umsetzung, sondern vor allem das fotografische Sehen, den Bildaufbau und die Wirkung von Licht und Schatten. Ihm habe ich in dieser Hinsicht am meisten zu verdanken.
Fast alle Motive halten vor der Kamera besser still als der Mensch, der nicht ohne Grund als das schwierigste Motiv in der Fotografie gilt. Aber in seiner unendlichen Vielfalt und mit seiner unübertroffenen Ausdruckskraft ist der Mensch für mich auch das faszinierendste Motiv.
Betrachtet man Deine Fotos, so scheint es, dass Du Dich inzwischen komplett auf Menschen spezialisiert hast und man sieht seit Jahren keine anderen Veröffentlichungen mehr von Dir. Warum ist das so?
Seit ungefähr 2010 hat der Mensch als Motiv mich voll und ganz ergriffen. Außer in Urlauben fotografiere ich so gut wie nichts anderes mehr. Die Zeit, die ich mit dem Fotografieren verbringen kann, ist leider limitiert. Ich bin ja auch noch Ehemann, Familienvater und Arbeitnehmer. In der verbleibenden Zeit möchte ich meine ganze schöpferische Kraft auf mein liebstes Motiv konzentrieren. Die Wertschätzung, die ich inzwischen dafür zurück erhalte, sagt mir, dass diese Entscheidung richtig ist.
Was macht die Menschenfotografie für Dich so besonders?
Menschen zu fotografieren, ist ein kommunikativer Prozess. Model und Fotograf lernen und erfahren ganz viel voneinander. Das bereichert beide Seiten schon während die Bilder entstehen.
Als Fotograf erschließe ich den Menschen vor meiner Kamera und finde im Idealfall heraus, wie dieser sich gern sehen würde. Absolut faszinierend wird es, wenn Du durch die Augen Zugang zur Seele
des Menschen vor Dir findest. Und wenn der abgebildete Mensch dies beim Betrachten der Bilder selber erkennt. Ein immer wieder beglückender Moment... für beide Seiten.
Wie findest Du die Menschen, die vor Deine Kamera kommen?
Früher wurde ich ab und zu von Bekannten angesprochen. Und ich habe selbst Menschen gesucht, sowohl im Bekanntenkreis als auch über Fotografen-Foren im Internet. Inzwischen finden sie mich. Die Nachfrage ist so überwältigend, so dass ich bereits viele Termine bis ins Jahr 2016 hinein vereinbart habe.
Auf Deiner Homepage und z.B. auch bei Facebook nennst Du Dich „Fiddler of Light“. Erkläre mir doch mal bitte, wie Du auf diesen abgefahrenen Namen gekommen bist.
Abgesehen davon, dass mein inzwischen verstorbener Vater mich als Kind häufiger „Fiedler“ (eines von Walt Disneys drei kleinen Schweinchen) genannt hat und ich irische Musik sehr mag, gibt es für
mich auch einen ganz konkreten Bezug zur Fotografie. Auf einer Violine kann mit Hilfe der 4 Saiten jeder irgendwie denkbare Zwischenton erzeugt werden. Es gibt dort keine Barrieren bzw.
Abstufungen, wie z.B. bei den Tasten eines Klaviers. Genau so kann ein Fotograf mit Hilfe der vier großen „B“ (Blende, Belichtungszeit, Brennweite und Bearbeitung) jeden Zwischenton auf ein Bild
bringen. Das sind seine „Saiten“.
Du sprichst immer von „Menschenfotografie“. Die Fotolehrbücher und Publikationen unterscheiden üblicherweise zwischen Portrait- und Aktfotografie.
Ich mag das nur ungern gegeneinander abgrenzen. Der Mensch ist schön und ich inszeniere Schönheit. Ein offenes Gesicht kann nackter als ein seelenloser Akt sein. Die Übergänge sind oft fließend. Aus einem Protrait-Shooting kann, wenn die Atmosphäre stimmt und das beiderseitige Vertrauen vorhanden ist, in ein Aktshooting übergehen. Umgekehrt sind Portraits, die bei einem Aktshooting entstehen, oft besonders ausdrucksstark. Am Ende ist alles eine Einheit - der ganze Mensch. Der Mensch besteht nicht nur aus Kopf oder Körper und definiert sich nicht nur über Kleidung und Schmuck.
Wie vermittelst Du das den Menschen vor Deiner Kamera?
Meistens nicht verbal, sondern über ein ganzheitliches Erlebnis mit oft nennenswerter Eigendynamik, die sich aus der Kommunikation entwickelt. Dabei bleibt die ursprüngliche Planung mitunter auf der Strecke, wenn sich für beide etwas noch besseres entwickelt. Du begibst Dich in eine zwischenmenschliche Situation und lässt sie laufen. Die Kommunikation darf nie zurückstehen, wenn der Fotograf noch auf der Suche nach dem richtigen Bildausschnitt - oder schlimmer - auf der Suche nach der richtigen Kameraeinstellung ist. Der Mensch vor der Kamera muss immer im Zentrum der fotografischen Bemühungen bleiben. Und wenn er fühlt, dass er im Mittelpunkt steht, dann fühlt er sich menschlich auch als Einheit ... so empfinde ich es und so wurde es mir auch schon oft zurück gespiegelt.
Und das endet nicht mit dem letzten Foto, das man gemeinsam macht. Bei mir gehört zu einem Shooting dazu, dass wir uns im Anschluss gemeinsam unsere Werke anschauen bevor wir auseinandergehen,
z.B. bei einer Tasse Kaffee in einem gemütlichen Lokal. Das Betrachten des gemeinsam Erreichten ist noch einmal ein sehr intensives Erlebnis, das einfach dazu gehört.
Bei diesen Gedanken ist der Übergang nun vielleicht etwas hart, aber lass uns trotzdem mal über die Technik sprechen.
Sie ist mir nicht so wichtig. Selbstverständlich sollte die Ausrüstung qualitativ hochwertig sein. Andererseits komme ich oft mit einem einzigen Objektiv sowie vorhandenem Licht voll und ganz aus. Überhaupt finde ich auch, dass Planung überbewertet wird. Ich liebe hingegen sehr das Spontane, Unwägbare und Unkontrollierbare. Das Beste aus den Bedingungen zu machen, die man gerade vorfindet, ist eine große Herausforderung und reizt mich ganz besonders.
Wenn Andere bei Regen ihre wertvolle Ausrüstung einpacken und warten oder das Shooting abbrechen, fängt für mich der reizvollste Teil eines Shootings erst an. Während Andere sehr genau das Kunstlicht setzen, mit Lichtformern arbeiten und alles unter Kontrolle haben, gehe ich mit einem Model in einen Lampenladen, wo ich nur ungerichtetes Licht im Übermaß vorfinde ...
Auffällig an vielen Deiner Bilder ist die Betonung der Augen.
Die Augen sind für mich der Zugang zu oder sogar der Spiegel der Seele. Jetzt widerspreche ich ein wenig dem vorher Gesagten, denn oft verbringe ich einige Zeit damit, einen Menschen so zu
positionieren, dass seine Augen leuchten und akzentuiere das noch ein wenig in der Nachbearbeitung. Das haben schon die alten Meister in der Malerei so gemacht. Geh mal durch ein Museum und achte
mal darauf, was besonders gelungene Gemälde von Menschen ausmacht ...
Gefühlt 90 Prozent der von Dir abgebildeten Menschen sind Frauen. Ist das Zufall?
Nein, sie sind einfach viel schöner. [Gregor grinst]
Ich danke Dir für die Einblicke in Deine Art zu fotografieren!
Ich habe zu danken.
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