Ich hatte Gelegenheit auf Zollverein in Essen mit Thorben Stange über seine nebenberufliche Tätigkeit als Konzert-Fotograf zu sprechen.
Thorben
Stange, 21 Jahre, arbeitet hauptberuflich bei der Telekom in Bonn und absolviert dort derzeit ein duales Studium. Viel Zeit bleibt dafür zwar wohl nicht, aber durch seine Leidenschaft zur Musik kam er über Umwege auch zur Fotografie, genauer gesagt zur
Konzertfotografie.
Thorben, wie kamen Sie mit der Fotografie erstmals in Kontakt?
In einem
Urlaub probierte ich zuerst die Kamera meiner Mutter aus und kam auf Anhieb recht gut mit ihrer digitalen Spiegelreflexkamera von Nikon zurecht. Mein Vater suchte dann ein passendes
Weihnachtsgeschenk und so bekam ich ziemlich schnell meine eigene DSLR und übrigens auch Ihr Buch "Wie Sie
weniger knipsen und mehr fotografieren" geschenkt. So hab ich erst mal die Grundlagen gelernt.
Und wie sind Sie dann zur Konzertfotografie gekommen?
Ich spiele in einer Rockband Klavier und habe bei Proben öfter Fotos mit meiner Nikon gemacht. Außerdem fotografiere ich für Rock n’Ruhr schon seit längere Zeit im Mocca Nova in Mülheim die Akustiksession. Dort konnte ich prima erste Erfahrungen sammeln.
Ein Bekannter von mir hatte in dieser Zeit Kontakt zum RadioNRW, einem Zusammenschluss von etwa 45 Lokalradios, zu denen z.B. auch Radio Essen gehört. Als er mitbekam, dass die kurzfristig einen Fotografen für Konzertaufnahmen suchten, stellte er den Kontakt zu mir her und so wurde ich schließlich für ein Amy
McDonald-Konzert engagiert. Aus dem einen Auftrag wurden inzwischen eine ganze Reihe: Unheilig, Cro, The BossHoss, Simple
Minds, Sunrise Avenue – da kommen eine Menge tolle Erlebnisse zusammen. Auch andere von RadioNRW durchgeführte Aktionen sind dabei, wie die Aktion
„Lichtblicke“. Außerdem fotografiere ich natürlich nach wie vor viel für Rock n’Ruhr.
Wie läuft so ein Shooting ab?
Sobald ich den Auftrag habe, google ich erstmal, welche Fotos es zu der Band schon gibt und wie vorherige Konzerte abgelaufen sind, ob sich die Künstler viel auf der Bühne bewegen oder eher statisch an einem Platz bleiben. Meine Ausrüstung ist überschaubar: Meine Nikon D5100, ein 18-200mm von Sigma und ein lichtstarkes 18-70mm. Blitzen ist sowieso im Pressegraben verboten, also hab ich auch gar keinen Systemblitz. Ansonsten brauche ich noch mein Notebook und das war's auch schon. Viel mehr Vorbereitung braucht es nicht.
Ich bin dann etwa 3 bis 4 Stunden "on location", fotografiere den Aufbau, den Einlass der Fans. Vielleicht gibt es hinter der Bühne noch Gelegenheit, die Bandmitglieder zu fotografieren. Dann geht's los und ich stehe mit 4 bis 10 Kollegen im Pressegraben. Wir dürfen nur die ersten 3 Songs fotografieren, danach müssen wir raus. Ist auch besser so, denn die Fans aus der ersten Reihe stehen schon stundenlang da und hassen Dich dafür, dass Du vor denen rumspringst und die Sicht versperrst.
In diesen etwa 15 bis 20 Minuten muss ich 50 bis 70 gute Bilder hinbekommen, da mache ich dann schon mal 1.000 Fotos. Das ist eine ziemliche Rennerei in dem Graben [er grinst]. Beispielsweise kann ich nicht immer verhindern, dass man Boxen mit auf den Fotos sieht. Eine Portion Glück ist immer dabei.
Wenn wir den Pressegraben verlassen müssen, packe ich mein Notebook aus, sichere die SD-Karten und fange an, die guten Fotos auszuwählen. Normalerweise habe ich 2 bis 3 Tage, bis die Fotos bei der Redaktion sein müssen. Dann nutze ich zuhause Photoshop Elements um die JPEG-Dateien aufzuhellen, zuzuschneiden, den Kontrast und die Farbsättigung anzupassen. Ich benutze keine Filtereffekte oder sowas. Die RAW-Bearbeitung ist mir zu aufwendig, denn etwa 90% der Fotos gehen so zur Redaktion, wie sie aus der Kamera kommen.
Kann aber auch mal sein, dass die
Redaktion schon Fotos haben will, noch während das Konzert läuft. Dann komme ich richtig in Stress, denn Zeit für Nachbearbeitung ist dann keine mehr.
Sagen Sie bitte mal was zu den Kameraeinstellungen für so ein Shooting.
Hinter der Bühne kommt es natürlich auf die Lichtverhältnisse an. Wenn die Show läuft, muss ich im Pressegraben trotz Offenblende f/2.8 meist 800 ISO einstellen, um dann noch mit einer Belichtungszeit von 1/150 Sekunden auszukommen. Ich mag nicht, wenn man zuviel Bewegungsunschärfe auf den Fotos sieht, daher die relativ kurze Belichtungszeit.
Man sieht wenig Nahaufnahmen, meist arbeiten Sie mit kurzen Brennweiten. Warum?
Da ich selber Musik mache, bin ich
besonders an der Interaktion der Künstler untereinander interessiert. Mit den Weitwinkelaufnahmen versuche ich mehr Atmosphäre auf das Foto zu bekommen. Ich möchte die Bühne zeigen, die anderen
Bandmitglieder mit auf's Foto bekommen. Und es ist auch ein ganz praktischer Grund, für lange Brennweiten fehlt einfach das Licht.
Wird man damit reich?
[Er grinst.] Nein, sicher nicht! Aber als Zubrot während des Studiums ist es ok. Es geht
mir hauptsächlich um den Spaß dabei. Die Vielschichtigkeit der Fotografie, der
ständige Zwang, Kompromisse eingehen zu müssen, sich mit der Technik herumzuschlagen und trotzdem noch brauchbare Fotos hinzubekommen. Als Beruf wäre es
mir zu unsicher. Nebenbei ist das ok.
Ach ja, "unbezahlbar" ist natürlich, dass ich ganz nebenbei noch die Konzerte besuchen
kann [und er grinst wieder].
Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg im Hauptberuf, als Musiker und auch als Fotograf!
Links: RadioNRW | CRO | Olly Murs | Unheilig | Frida Gold | Rock n'Ruhr | Rock n'Ruhr Events